2023-12-30 12:29:00 Automobile

2023: Unsere Tops und Flops

Carzoom.de
Fotos: Autoren-Union Mobilität/Dacia

Dieses Jahr endete für Autofahrer kurz vor Weihnachten mit dem überraschend abrupten Aus der Förderprämie für Elektroautos. Auch ansonsten war 2023 ein ereignisreiches und abwechslungsreiches Jahr: Wir hatten 69 Autos und Motorräder im Praxistest, waren bei über 80 Fahrzeugpräsentationen, haben 18 Interviews geführt und rund 1300 Meldungen geschrieben. Was hat uns gefallen, was nicht? Hier die ganz persönlichen Tops und Flops der Autoren-Union Mobilität.

Guido Borck

Top: Freche Rennsemmel

Ein automobiles Highlight des Jahres ist der Abarth 500e. Zugegeben, die vollelektrische Rennsemmel ist mit Einstiegspreisen von 37.990 Euro für den Dreitürer und 40.990 Euro für das Cabrio kein günstiges Vergnügen. Beide Modelle beweisen jedoch, dass sich Elektromobilität und Fahrspaß auch in kleinen Autos nahtlos miteinander kombinieren lassen. Okay, dass künstlich erzeugte Motorgeräusch beim Fahren macht zwar Laune, trifft aber nicht jeden Geschmack und die Reichweite fällt mit maximalen 265 Kilometern recht bescheiden aus. Allerdings verzeiht man dies dem frechen sowie knuffigen Stadtflitzer leicht, da er ohnehin zumeist im Großstadtgetümmel unterwegs ist. Neben dem Abarth 500e hat die sportliche Fiat-Tochter übrigens schon angekündigt das Modellprogramm mit weiteren leistungsgesteigerten E-Ablegern auszubauen. Wir sind gespannt.

Flop: Automobile Abwesenheit

Die IAA Mobility fand zum zweiten Mal in München statt. Auch in diesem Jahr wurde die Messe in zwei Bereiche aufgeteilt, dem Münchener Messegelände und in den sogenannten Open Space in der Innenstadt. Aber was ist nur aus der einst weltgrößten Automobilmesse geworden? Viele deutsche Hersteller fehlten, andere Firmen wie Honda, Hyundai, Jaguar und Land Rover oder Suzuki hatten ebenfalls abgesagt. Bis auf Opel blieb der gesamte Stellantis-Konzern fern, selbst renommierte Sportwagenbauer hatten der Messe den Rücken zugedreht. Allerdings sind Messebesucher meist potentielle Autokäufer und wollen sich die neuen Modelle genau anschauen, sich reinsetzen und die Konkurrenz miteinander vergleichen. Aber das fehlte wieder einmal in der Bayern-Metropole, weil eine Menge angesagter Hersteller einfach nicht vor Ort waren. Auch das Konzept die Messe in zwei Bereiche aufzuteilen, ging nicht auf. Um vom eigentlichen Gelände in die Innenstadt zu gelangen, hieß es entweder im Stau stehen oder gleich auf die öffentlichen Verkehrsmittel umzusteigen. Was aber ebenfalls eine lange Anreise bedeute. Für die vereinzelte Messestände rund um den Marienplatz, wurden zudem extra neue Betonflächen gegossen, um sie nach Messende wieder abzureißen. Nachhaltigkeit sieht anders aus.

Michael Kirchberger

Top: Stellplatzmakler – ein Segen für Camper

Die Zahl der Reisemobile auf unseren Straßen ist in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Das führt zu einem Mangel an Übernachtungsmöglichkeiten, die nicht im gleichen Maße zugenommen haben. Normale Wohnmobilstellplätze lassen sich – abgesehen von den konventionellen Campingplätzen – nicht immer reservieren. Das ist bei den Stellplatzmaklern wie Alpaca, Roadsurfer oder Landvergnügen anders. Bei ihnen wird der geplante Übernachtungsspot im Voraus gebucht und bezahlt, was zu erheblich verbesserter Planungssicherheit führt. Rund 15.000 dieser Adressen haben die Scouts der Anbieter in den vergangenen Jahren zusammengetragen, häufig auch den einen oder anderen Betrieb dazu animiert, Gastgeber für Camper zu werden. Die meist im ländlichen Raum und bei Bauernhöfen ruhig gelegenen Stellflächen bieten teilweise einen Stromanschluss und einen Einblick in die Arbeit der Landwirte oder Winzer. Mit dem Vieh auf der Weise können die Urlauber auf Tuchfühlung gehen, was gerade für Kinder attraktiv ist. Außerdem gibt es oft einen Hofladen, im denen die lokal erzeugten Produkte in bester Qualität und Frische erworben werden können. Eine Bereicherung der Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung im Urlaub.

Flop: Stellplatzmakler – ein Fluch für Camper

Die Reiseplanung ist angesichts der knappen Stellplatzangebote für Wohnmobilurlauber anspruchsvoller geworden ist. Das Angebot der Stellplatzmakler macht die Aufgabe leichter. Allerdings widerspricht das System der Idee des Reisens im Mobil. Denn ohne vorherige Reservierung (und Bezahlung) geht hier inzwischen gar nichts. Die Camper müssen also ein bis zwei Tage im Voraus festlegen, wo sie morgen oder übermorgen übernachten wollen, die Spontanität, die einen wesentlichen Reiz dieser Urlaubsform ausmacht, ist perdu. Dazu kommt, dass die Preise oft weit über den üblichen Gebühren für eine Stellplatzübernachtung liegen. Schnell können 40 Euro für eine Nacht fällig werden, hinzu kommt die Servicegebühr des Maklers, im Fall von Alpaca Camping liegt sie bei 6,50 Euro. Bisweilen kann auch die Zufahrt zur Bauernwiese eine Herausforderung werden, die sich je nach Wetterlage in eine recht schlammige Passage verwandeln kann, die Mobilen mit konventionellen Antrieb die Anreise verwehrt. Da viele der Spots außerhalb der Ortschaften liegen, bereit auch die Versorgung Schwierigkeiten, Vegetarier finden im Hofladen eines Vieh-Bauern selten passende Angebote. Auch Camper, die keinen Alkohol trinken, haben das Nachsehen. Manch ein Winzer verlangt die Abnahme einiger Flaschen Wein beim Campen auf dem Weingut. Ärgerlich ist außerdem, dass diese Stellflächen aus dem Angebot frei zugängiger Plätze verschwinden, eine Adresse geben die Stellplatzmakler erst nach dem Bezahlvorgang an.

Jens Meiners

Top: Chinas Autoindustrie

Mit einer Elektrostrategie bar jeder Faktengrundierung hat die EU den eigenen Automarkt ins Chaos gestürzt – und das machen sich chinesische Marken jetzt mit überzeugenden Angeboten zunutze. In weiser Voraussicht eignen sie sich inzwischen auch Verbrennerkompetenz an. Dass ihnen obendrein – dank EU-Sanktionen - der stabile russische Markt wie eine reife Frucht zugefallen ist, ist da nur noch das i-Tüpfelchen. Für China könnte es in der Autobranche gar nicht besser laufen.

Flop: Klima-Kleber

Sie sind wie eine Sekte straff organisiert, ihre anmaßenden Gesetzesübertretungen werden großzügig toleriert, in staatsnahen Medien inszenieren sie sich als Sprachrohr einer Generation: Die Rede ist von einer übergriffigen Gruppe, die verharmlosend als „Klimaaktivisten“ bezeichnet werden. Nirgendwo entgeht man ihrer Propaganda. Sie blockieren Starßen und Landebahnen. Wer sich Sorgen um Privateigentum, Lebensstandard und die individuelle Mobilität macht, liegt nicht verkehrt.

Guido Reinking

Top: Cupra

Junge Menschen wollen nicht nur Auto fahren – nie haben mehr einen Führerschein gemacht. Sie wollen auch ein Auto besitzen. Aber nicht das, mit dem Opa schon herumgefahren ist. Mercedes oder BMW, selbst Audi, die Aufsteiger-Marke der vergangen 30 Jahre, tun sich schwer bei der nächsten Generation. Denn die findet Cupra cool. Und das ist auch kein Wunder. Cupra ist heute so, wie Audi einmal war: Unangepasst, technisch vorn, mit aufregendem, sportlichen Design. Und der Elektroantrieb ist für Cupra, was für Audi der TDI war: Er verspricht Mobilität ohne schlechtes Gewissen.

Flop: IT in deutschen Autos

Nein, sie haben die Elektromobilität nicht verschlafen, die deutschen Autohersteller. Audi, VW, BMW, Opel und Mercedes haben ordentliche, ja herausragende Elektroautos im Programm – vom Traumwagen Porsche Taycan bis zum Familienauto Opel Astra Electric Tourer. Leider hakt es woanders: Bei der Digitalisierung. Wo ein Tesla mit dem Smartphone geöffnet werden kann, muss bei ihnen noch mit dem Schlüssel gefummelt werden. Wo Tesla mit Over-the-Air-Updates selbst für Fahrerassistenzsysteme und Antriebssteuerung anbietet, müssen deutsche Autos dafür noch in die Werkstatt. Ob man so in Generation iPhone gewinnt?

Jens Riedel

Top: Gelungener Einstieg

Mit der Pan America hat sich Harley-Davidson vor zweieinhalb Jahren einer neuen Zielgruppe zugewandt und breiter aufgestellt. Optisch nicht ganz so weit abgekehrt hat sich das neue Einstiegsmodell: Die Nightster kann aber auch Biker begeistern, die mit Choppern und Cruisern aus den USA ansonsten nichts am Hut haben. Das liegt am überraschend leichtfüßigen Handling und am neuen Motor. Der bringt mit 975 Kubikzentimetern nur halb so viel Hubraum mit wie die Spitzenmodelle aus Milwaukee, hat es aber ebenfalls faustdick hinter den Ohren. Die 90 PS hängen munter am Gas und auch der Sound wird trotz Flüssigkeitskühlung den Erwartungen an eine Harley gerecht. Die Nightster ermöglicht auch A2-Führerscheininhabern am Mythos der Marke teilzuhaben und stellt Motorradneulinge nicht vor große Herausforderungen. Alte Hasen wiederum dürfen schnörkelloses Fahren genießen.

Flop: Lahme Ladesäulen

150 und sogar 300 kW versprechen uns Schnellladesäulen. Da können viele E-Auto noch gar nicht mithalten. Umso ärgerlicher ist es, wenn ein Auto, das 80 oder 100 Kilowatt Strom ziehen kann, an der Säule nur 55 kW bekommt. Und das liegt nicht am Fahrzeug, wie zum Beispiel der Tesla nebenan an der zweiten Ladesäule beweist, der auch mit nur 75 Kilowatt Strom aus der 150-kW-Säule abgespeist wird.

Frank Wald

Top: Hyundai Ioniq 6

Mit ihrem zweiten Stromer auf Basis der speziell für batterieelektrische Fahrzeuge entwickelten „Electric Global Modular Platform“ (E-GMP) gelang den Koreanern ein Design-Geniestreich. Als Hommage an die kultigen Streamliner der 1920er und 30er Jahre ist die Karosse mit gebogener Haube, konturierten Kotflügeln und der sich bis ins Heck streckenden Dachlinie ein spektakulärer Hingucker, wie man ihn seit Erscheinen des ersten Audi TT nicht mehr gesehen hat. Doch nicht nur ästhetisch, auch technisch fährt der Stromer vorneweg. Nicht zuletzt die windschlüpfrige Form beschert ihm einen Spitzen-Aerodynamikwert (cw 0,21) und damit um 100 Kilometer Reichweite mehr als sein technisch identischer Schrägheck-Bruder Ioniq 5. Was er als Sieger im ADAC-Ecotest mit einem Realverbrauch von 15,5 Kilowattstunden eindrucksvoll belegen konnte. Dazu kommT die 800-Volt-Schnellladetechnologie, mit der die große 77,4 kWh-Batterie im besten Fall in nur 15 Minuten für eine Reichweite von 350 Kilometern aufgeladen ist sowie intelligente Routenplaner mit Ladestopps und Plug&Charge-Funktion. So wird Elektromobilität alltagstauglich – und sehenswert.

Flop: Elektromobilitätswende

Der Todesstoß für die deutsche Elektromobilitätswende kam kurz vor Jahresschluss. Die Bundesregierung, im verzweifelten Bestreben, das Milliardenloch im kommenden Haushalt zu stopfen, kappte über Nacht in weniger als 48 Stunden die Förderprämie für Elektroautos. Waren die Stromer, derzeit in Deutschland im Durchschnitt 52.500 Euro teuer, schon mit staatlicher Stütze nur für gut situierte Bürger mit definiertem Fahrprofil eine Option, werden sich nun potenzielle Käufer fragen, warum sie viel Geld für, wg mangelnder Reichweite bei ungenügender Ladeinfrastruktur, eingeschränkte individuelle Mobilität ausgeben sollen. Schon im abgelaufenen Jahr, in der die Prämie bereits reduziert und seit September auch nur noch für Privatpersonen galt, zählte die zuständige BAFA-Behörde nur noch 376.000 Anträge auf Förderung, nach 820.000 in 2022. Das ohnehin phantastische politische Ziel von 15 Millionen elektrischen Pkw bis 2030 rückt damit einmal mehr in unerreichbare Ferne.

Walther Wuttke

Top: Dacia bleibt sich treu

Wie keine andere Marke hat sich der rumänische Renault-Ableger Dacia in den vergangenen Jahren auf den oberen Plätzen der Zulassungsstatistik festgesetzt. Und das, ohne die Eigenschaften der Marke zu vergessen. Die Modelle gehören noch immer zu den preiswerten Vertretern in ihren Segmenten. Inzwischen hat Dacia auch das Design und alternative Antriebe entdeckt, wie die nächste Generation des kompakten SUV Duster und der Jogger mit Hybridtechnik unterstreichen. Zwar fehlen den rumänischen Fahrzeugen das eine oder andere Assistenzsystem, doch offensichtlich stört das die preisbewusste Kundschaft nicht. Sie setzt auf solide Technik und nimmt dabei auch die sauber verarbeiteten einfachen Materialien in Kauf.

Flop: Brückenbau

Baustellen auf deutschen Straßen verlangen von den Autofahrern viel Geduld. Nachdem in Genua im Jahr 2018 die 1182 Meter lange Morandi-Brücke eingestürzt war, dauerte es rund zwei Jahre bis die neue Überquerung der genuesischen Innenstadt fertiggestellt war. In Deutschland nehmen sich die Planer deutlich mehr Zeit. Die 453 Meter lange Rahmede-Talbrücke auf der A 43 bei Lüdenscheid zum Beispiel wurde im Dezember 2021 für den Verkehr gesperrt und schon im Mai 2023 nach anderthalb Jahren gesprengt. „Die Planungen zum Ersatzbau laufen“, so die Autobahn GmbH, „derzeit mit Hochdruck.“ Immerhin ist die Fertigstellung des ersten Teilstücks für den Sommer 2026, also fünf Jahre nach der Sperrung, vorgesehen. So lange müssen die Bürger und die Wirtschaft der Region mit Staus leben. (aum)

Veröffentlicht am 30.12.2023

Tops und Flops 2013


 
Hiermit akzeptiere ich die Datenschutzbedingungen, sowie kontaktiert zu werden.Mit (*) markierte Felder sind Pflichtfelder.