2023-02-12 07:21:00 Automobile

Wo Hochkultur auf Badespaß trifft: Mit dem Wohnmobil durch Katalonien

Carzoom.de
Fotos: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger

Auf nach Spanien. Oder besser: Nach Katalonien. Denn neben Traumstränden und Luxus-Campingplätzen an der Costa Brava bietet die Region auch im Hinterland exzellente Küche, beeindruckende Landschaften und vielfältige Kultur-Erlebnisse. Zugegeben, die Anreise zieht sich, schon aus der Mitte Deutschlands heraus zählt der Tacho gut 1300 teure Kilometer bis nach Barcelona. Die Straßen sind meist gebührenpflichtig und der Treibstoff will ebenfalls bezahlt werden. Aber wer den Weg zum Ziel macht und durch Frankreich bummelt, kann dabei sparen und sieht mehr, wenn er die richtige Route nimmt.

Dafür gilt es einen kleinen Schlenker zu machen. Statt der Autoroute du Soleil nach Süden zu folgen, lohnt die westliche Umgehung des Nadelöhrs von Lyon über Clermont-Ferrand, wo die A75 Richtung Béziers beginnt und sich knapp am Zentralmassiv vorbei bis auf 1000 Meter Höhe schraubt. Sie ist nicht stark befahren und vor allem gratis. Zudem gibt es malerische Städtchen mit ihren Camping Municipale, wo guter Standard zum günstigen Preis geboten wird. Oft sind weniger als 20 Euro für ein Wohnmobil mit zwei Passagieren zu zahlen. Issoire oder Mende sind lohnenswerte Etappenziele. Eine Mautstation gibt es trotzdem: Für das eindrucksvolle Viaduc de Millau, die weltweit längste Schrägseilbrücke, werden je nach Camper-Klasse bis zu 25 Euro fällig. Wer Zeit hat, nimmt die kurvige Strecke durch Millau, von unten ist das von Norman Foster gestaltete Bauwerk ohnehin besser zu betrachten. Und ein Abstecher in die berühmten Schluchten des Tarn lohnt allemal.

Unterwegs lässt sich bei Ruynes auf einem eigens angelegten Rastplatz an der A75 eine weitere Brücke bestaunen, das eiserne Gabarit-Viadukt überspannt mit seiner Gesamtlänge von 564,69 Metern den Fluss Truyère. Bei ihrer Fertigstellung 1884 war sie mit 122 Meter für die nächsten 25 Jahre die höchste Eisenbahnbrücke der Welt. Gebaut hat sie kein geringerer als Gustave Eiffel, dem wir aber später noch einmal begegnen werden. Noch heute rattern die Züge der Regionalbahnen unentwegt über das historische Bauwerk.

Berauschende Aussicht in Andorra

Wir entscheiden uns für eine weitere Bergtour, der kürzere Weg wäre nun zwar der über Perpignan, um nach Katalonien zu fahren. Auf den Spuren der Tour de France geht es in die Pyrenäen, vorbei an Foix, über Ax-les-Thermes hinauf nach Pas de la Casa, einem der typischen aber wenig heimeligen Ski-Ressorts zwischen den Gipfeln. Die Straße steigt kräftig an, der Pass d’Envalira liegt auf 2407 Meter, die Aussicht ist berauschend. Hier oben gibt es einen Stellplatz für Wohnmobile. Für rund 13 Euro hätten wir das Bergmassiv auch im 2,9 Kilometer langen Tunnel d’Envalira unterqueren können, das aber wäre nur der halbe Spaß gewesen. Der Campingplatz von Andorra la Vella, der Hauptstadt des Steuerparadieses, ist empfehlenswert und halbwegs ruhig gelegen, die Stadt selber eher uncharmant.

Dann aber liegt Katalonien vor uns, vorbei an Seu d’Urgell, dem Amtssitz des Bischofs, der gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten formal über den Zwergstaat herrscht, führt die Reise nach Albanyà zum Campingplatz Bassegoda. Das Camp ist besonders. Nicht nur, dass seine Betreiber auf Nachhaltigkeit setzen und eine Beleuchtung gebaut haben, die dem Sternenhimmel nicht durch Streulicht seine Strahlkraft nimmt, auch die Spitzenköche der Region geben sich im platzeigenen Restaurant ein Stelldichein. Ein bisserl molekular, vor allem aber landestypisch sind die Speisen, der anschließende Besuch im Observatorium zeigt, dass das Sternenlicht tatsächlich nicht von optischer Luftverschmutzung beeinträchtigt wird.

Am folgenden Tag soll es dann doch ein wenig Meer sein. Von Roses aus segeln wir mit einem Katamaran zum Cap Creus, das mit seinen bizarren Felsformationen das Fotomotiv schlechthin ist. 56 Euro kostet die fünfeinhalb Stunden dauernde Tour einschließlich Verpflegung. Sie führt auch vorbei am Dorf Cadaqués, wo Salvador Dali lange wohnte. Auf seinen Spuren werden wir bald noch ausführlicher wandeln. Wir fahren zum Vorzeige-Camp der Costa Brava, dem Camping Bungalow Resort & Spa La Ballena Alegre in Sant Pere Pescados. Die Anlage ist gigantisch. Mehr als 1000 Stellplätze verschiedener Größe warten auf die Camper. Dazu gibt es mehr als 100 Bungalows, Restaurants, picksaubere Sanitärräume und natürlich einen kilometerlangen Sandstrand direkt vor dem Mobil.

Das Baden ist dankenswerterweise reglementiert. Denn die Riegen der Kite- und Wind-Surfer, Segler und Wasserskifahrer treffen besser nicht aufeinander, in einigen Zonen ist das Schwimmen daher untersagt und die Flächen bleiben Surf-Artisten vorbehalten. Der Platz versorgt sich selbst mit Energie, Geothermie und Photovoltaik heizen das Duschwasser. Selbst die Herde. Kühlschränke und Wachmaschinen werden mit erneuerbarer Energie betrieben. Dafür gab es bereits mehrere Auszeichnungen. Am Abend besuchen wir das Weingut Castel Peralada, dessen Weinkeller mit gewaltigem Aufwand und viel Geld stilvoll erweitert wurden, die Weine werden in Barriques-Fässern, und Tanks aus Beton oder Ton ausgebaut. Direkt nebenan residiert die Spielbank des Inhabers im alten Schloss, ein Schelm, wer ahnt, woher die Millionen dafür stammen. Aber die Tropfen schmecken und sind nicht überteuert, im angrenzenden Restaurant werden sie serviert und auch die Küche kann sich sehen lassen.

Auf den Spuren Dalis

Der nächste Tag führt uns wieder auf die Spuren des exzentrischen Salvador Dali. Seiner Frau hat er den Ruhm und die Anerkennung seiner Arbeiten zu verdanken. Vor dem Zweiten Weltkrieg wanderte er in die Vereinigten Staaten von Amerika aus, wo sie ihn in New York bekannt machte. Nach der Rückkehr ins heimische Katalonien entdeckte er beim einem Helikopterflug das Castell des Örtchens Púbol, kaufte es und ließ es für seine Frau Gala Dali renovieren. Heute beherbergt es ein sehenswertes Museum, in dem zahlreiche Werke des Ausnahmekünstlers zu sehen sind. Außergewöhnlich war auch die Beziehung der beiden Träumer. Ein Dialog: „Ich schenke dir eine gotische Burg, Gala.“ „Ich akzeptiere unter einer Bedingung, nämlich dass du mich nur auf der Burg und mit einer Einladung besuchst.“ „Ich akzeptiere, denn im Prinzip akzeptiere ich jegliches unter der Bedingung, dass es Bedingungen gibt. Das ist der Beginn einer höfischen Liebe.“ Vor den Toren des Castells gibt es einen Gratis-Stellplatz für drei Mobile, aber es fehlt die Infrastruktur der Gastronomie. Empfehlenswert ist der Abstecher also nur mit gut gefülltem Kühlschrank.

Auf der Weiterfahrt steuern wir das Mooma Cider House an (Mas Saulot s/n, 17257 Fontanilles), das verschiedenste Apfel-Produkte auf eigenen Plantagen erzeugt. Apfelweine und Säfte, Essig, Backwaren, das Beste, was einem Apfel passieren kann, sagen die Einheimischen. Deshalb ist auch das Restaurant mehr als gut besucht, unbedingt vorher reservieren.
Zurück an den Strand. Diesmal ist der Campingplatz Sènia Cala Gogo in Calonge das Ziel, das Camp ist an einem steilen Hang in Terrassen aufgeteilt. Der Blick über den Golf de Roses ist fantastisch, der Aufstieg vom Meer zum Stellplatz jedoch schweißtreibend. Aber der Betreiber bietet einen Shuttle-Service an und wer lieber schwere Dieselabgase schnuppert als außer Atem zu kommen, steigt auf den Anhänger hinter dem betagten Traktor.

Wer nun unbedingt noch nach Barcelona will, sollte dafür einen Standort außerhalb der quirligen Metropole wählen. Gut geeignet hierfür ist Camping Barcelona, der einen Bus-Shuttle direkt ins Zentrum der katalonischen Hauptstadt oder zur S-Bahn-Station in Mataro anbietet. Wer die Sehenswürdigkeiten wie die Sagrada Familia (ab 32,50 Euro pro Person) oder den Park Grüell (13 Euro) besuchen will, muss rechtzeitig buchen, wenn er lange Wartezeiten vermeiden will. Für den Strandurlaub taugt das Camp nicht. Zwar liegt es kaum 100 Meter vom Meer entfernt, eine vielbefahrene Landstraße und die Bahnlinie sind jedoch nicht direkt zu überwindende Hindernisse. Immerhin gibt es einen stattlichen Pool für den Badespaß. Wer die Wahl hat, sollte sich eine der hinteren Parzellen sichern, da ist von Straßenlärm und Bahngeratter nichts mehr zu hören.

Zweite Begenung mit Gustave Eiffel

Unsere letzte Station in Katalonien liegt schon wieder auf dem Weg nach Norden. Girona, die Provinzhauptstadt mit ihren gut 100.000 Einwohnern, gilt als Zentrum der Separatisten, die sich gerne von Spanien loslösen wollen. Überall an den Häusern wehen die katalonischen Fahnen. Aber das ist nur ein Tupfer in der langen Stadtgeschichte. Viele waren schon hier. Zuerst die Iberer, dann die Römer und die Mauren. Karl der Große gab sich ein Stelldichein und eroberte die Stadt zurück, einst lebte hier eine große jüdische Gemeinde. Daher gehört die Altstadt mit den Ghetto und den (heute noch genutzten) arabischen Bädern zu den am besten erhaltenen historischen Vierteln Europas. Was eine ganze Reihe von Cine-Scouts anlockte. Unter anderem wurden hier zahlreiche Szenen des Fantasy-Abenteuers „Game of Thrones“ gedreht und wer die Stufen zur Kathedrale hinaufschreitet wird sie unschwer als Kulisse wiedererkennen. Es gibt sogar geführte Touren zu den verschiedenen Schauplätzen. Auch Tom Tykwers Film „Das Parfum“ nutzte die Altstadt Gironas statt der Gassen von Paris.

Der Fluss Onyar teilt Girona in zwei Hälften und verläuft vorbei am alten Fischerviertel, dessen farbenfrohe Häuser heute zu den angesagtesten Domizilen gehören. Eine der zahlreichen Brücken, die ihn überqueren, ist der Fußgängersteig Pont de les Peiscateries Velles und der wurde, jetzt begegnen wir ihm ein zweites Mal auf unserer Reise, 1877 von Gustave Eiffel, dem Mann des Eisens, konstruiert. Gekostet hat sie damals nur 22.500 Peseten, dafür steht sie noch heute solide und sicher auf ihren Fundamenten.

Unterdessen machen wir uns auf den Heimweg, zurück geht es etwas rascher als bei der Anreise. Die Erinnerungen an Katalonien aber bleiben uns erhalten. Gerne komme wir wieder, denn es gibt noch viel zu entdecken. (Michael Kirchberger/cen)

Veröffentlicht am 12.02.2023

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