Im Bücherregal: Hyper! Hyper! Hypercar!
Wem die Supersportwagen à la Lamborghini Miura, Ferrari F40 oder Jaguar XJ 220 mit ihren 400 bis 500 PS nicht mehr extrem genug waren, wurde von diesem neuen Leistungsextrem angesprochen: Plötzlich waren 600, 700 oder 800 PS in Sportwagen möglich, die man auch auf der Straße bewegen durfte – oder eben über 1000.
Der Bugatti Veyron, 16 Zylinder, 1001 PS, über 400 km/h Höchstgeschwindigkeit, ist wohl das bekannteste Mitglied dieser höchsten Liga im Autobau. Er war das Lieblingsprojekt von VW-Patriarch Ferdinand Piëch, der damit die Grenzen des Machbaren neu definierte. Auch was den Preis anbetrifft: Zwei Millionen Euro kostete das Hypercar der französischen Traditionsmarke, die seit 1998 zu Volkswagen gehörte. Der Veyron ist noch aus anderem Grund ein Exot: Er fährt sich wie ein richtiges Auto. Denn viele der über 100 Hypercars, die Löwisch in seinem Buch vorstellt, sind weit von den Qualitätsansprüchen solventer Autokäufer entfernt.
Nach dem Veyron setzte ein wahrer Hype ein, es Bugatti gleich zu tun. Viele der seither gebauten Hypercars, oftmals Einzelstücke oder Kleinserien, stammen von weniger bekannten Marken. Oder wer hätte schon einmal von Puritalia, Hybrid Kinetik Group oder Techrules gehört? Was Menschen dazu bringt, sich hinter das Lenkrad eines über 1000 PS starken Autos zu setzen, das von irgendeiner unbekannten Firma zusammengeschraubt wurde, wird wohl immer ein Geheimnis bleiben.
Solche Exoten mit unbekannten Namen und fremden Provenienzen vorzustellen, schon das macht dieses Buch lesenswert. Selbst in Indien versucht sich ein Geschäftsmann an einem Hypercar: Der Vazirani Shul hat wie der Veyron 1000 PS, allerdings elektrische. Denn mit dem Elektroantrieb hat nicht nur bei Alltagsautos eine Leistungsexplosion eingesetzt. Mehrere Elektromotoren mit einer Gesamtleistung von über 1000 PS an die Räder zu schrauben, ist kein Hexenwerk mehr und weit von der Ingenieurleistung entfernt, die in Bugattis 16 Zylindern steckt.
Tesla hat es mit seinen Plaid-Modellen vorgemacht, chinesische Hersteller wie BYD, GAC oder Yangwang machen es nach. In der Längsdynamik sind diese elektrischen PS- und Drehmoment-Monster kaum zu schlagen. Sie beschleunigen allesamt von null auf 100 in unter drei Sekunden. Die Haftgrenze der Reifen entscheidet hier über die letzten zehntel Sekunden, nicht der Antrieb.
So geht es Zeitalter der echten Hypercars langsam zusende. Autos wie der Mercedes-AMG One (1063 PS) oder der Bugatti Tourbillon (1800 PS) zeigen noch einmal, was in einem Verbrenner steckt, wenn er von Elektromotoren unterstützt wird. In zwei Sekunden sprintet der Bugatti auf 100 km/h. Das gilt als Limit im Automobilbau, eine Grenze, die aus physikalischen Gründen nicht mehr unterschritten werden kann. Das Kapitel der Hypercars neigt sich damit dem Ende.
„Hypercars! Alles über 1000 PS.“ von Roland Löwisch ist im Heel-Verlag erschienen. Das Buch hat 208 Seiten und kostet 20 Euro. (aum)
Veröffentlicht am 13.04.2025