2022-03-22 14:26:00 Automobile

Mikroplastikfilter halten Reifenabrieb zurück

Carzoom.de
Fotos: Autoren-Union Mobilität/Audi

Bei jeder Fahrt mit einem Kraftfahrzeug entstehen Reifen- und Fahrbahnabrieb. Geschätzt 110.000 Tonnen davon gelangen jedes Jahr allein in Deutschland in Form von Mikroplastik auf die Straße. Von dort verteilt es sich über den Wind in der Umwelt oder es wird vom Regen über den Straßenablauf und die Kanalisation in Böden, Flüsse und auch in die Ozeane gespült. Die Audi-Stiftung für Umwelt hat zusammen mit der TU Berlin Filter für den Straßenablauf entwickelt, die den Reifenabrieb und andere umweltschädliche Partikel zurückhalten.

Die Filter sind je nach Verkehrssituation individuell kombinierbar und halten die jeweils anfallenden Schmutzpartikel möglichst nahe am Entstehungsort zurück, bevor sie durch Regenwasser in die Kanalisation geschwemmt werden können. Tests im Labor der TU Berlin haben die Wirksamkeit belegt. Die Filter halten Straßenkehricht, Zigarettenfilter, Mikroplastik in Form von Kunststoffgranulaten bis zu drei Millimeter Größe, Bonbonpapier oder auch Deckel von Coffee-to-go-Bechern dauerhaft zurück, ohne zu verstopfen. „Das System schafft das nicht nur bei leichtem oder schwachem Nieseln, sondern auch wenn es richtig stark regnet“, sagt Daniel Venghaus, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft an der Technischen Universität Berlin.

Seit mehr als einem Monat ist zudem ein Filter in einer vielbefahrenen Straße in Berlin im Einsatz. Den ersten Stresstest in Form der Sturmserie Mitte Februar hat „Urbanfilter“ erfolgreich gemeistert. Er soll noch bis Ende des Jahres eingesetzt werden. Die Forscher wollen hier sowohl Proben des Zulaufs als auch des abfließenden Wassers nehmen, um den Wirkungsgrad im Realbetrieb im Verlauf der Jahreszeiten zu ermitteln. Zudem laufen erste Gespräche mit dem ADAC-Fahrsicherheitszentrum Berlin-Brandenburg, um die Filter an den Fahrstrecken zu installieren und so mehr über Filterung des Abriebs in unterschiedlichen Fahrsituationen zu erfahren.

Die Sedimentfilter sind in die drei Zonen Straße, Schacht und Ablauf unterteilt und bestehen aus neun Modulen. Bis zu drei Module können miteinander kombiniert werden, um je nach Einsatzort das beste Ergebnis zu erzielen. Im obersten Straßenbereich kann das eine spezielle Ablaufrinne sein. Darunter, im Gullischacht selbst, werden Feststoffe beispielsweise mit Hilfe eines optimierten Laubkorbs oder eines sogenannten Filterrocks grob herausgefiltert. Im untersten Bereich, dem Ablauf, geht es um die Feinfiltration, wofür ein Magnetmodul zum Einsatz kommen kann.
Dieses Filtern feinster Partikel stellt die Forschenden rund um Daniel Venghaus noch vor Herausforderungen. „Tests mit Reifenmehl von 20 bis 1000 Mikrometer Größe und leichtem bis mittlerem Regen hat das System bestanden“, erklärt Venghaus, Nun wird daran gearbeitet, die Filterleistung auch bei starkem Regen zu verbessern. Und auch das Reifenmehl, das zu Prüfzwecken verwendet wird, verhält sich anders als echter Reifenabrieb. Hier sollen Praxistests an Straßen weiteren Aufschluss geben.

Ziel der Tests und der weiteren Entwicklungen sei es, dass die Filter in der Praxis bis zu ein Jahr lang im Einsatz sein kann, ohne gewartet und gereinigt werden zu müssen. Dabei soll eine intelligente Vernetzung helfen. Viele unterschiedliche Informationen fließen dafür zusammen: die Termine der Straßenreinigung, das Verkehrsaufkommen auf der jeweiligen Straße, Stoßzeiten sowie die Wettervorhersage. Aber auch, ob an der Straße viele Bäume stehen oder häufig Hunde ausgeführt werden. Aus diesen Faktoren lässt sich der Verschmutzungsgrad der einzelnen Filter prognostizieren und ermitteln, wann der optimale Zeitpunkt zur Entleerung ist. So könnte ein Filter beispielsweise präventiv geleert werden, bevor starke Regenfälle aufkommen.

Ein Exponat des Urbanfilter ist noch bis zum 4. April im Audi-Forum Ingolstadt ausgestellt. Anschließend kommt es nach Wolfsburg. Im dortigen Wissenschaftsmuseum Phaeno wird Venghaus am 1. Mai im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Meet the Scientist“ seine Forschungsarbeit vorstellen. (aum)

Veröffentlicht am 22.03.2022

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