Schlechte Stimmung im automobilen Mittelstand
Bei der vorherigen Umfrage im Mai dieses Jahres hatten 75 Prozent der Unternehmen angegeben, eigentlich geplante Investitionen in Deutschland zu verschieben, zu verlagern oder ganz zu streichen. Ebenso gestiegen: Die Investitionsverlagerungen ins Ausland, die den neuen Ergebnissen zufolge von 28 Prozent der Unternehmen geplant werden (Mai 2025: 24 Prozent). Weitere 17 Prozent planen eine Streichung von Investitionen. Nur zwei Prozent der Unternehmen gaben an, Investitionen in Deutschland angesichts der aktuellen Lage erhöhen zu wollen.
VDA-Präsidentin Hildegard Müller: „Weil die Standortbedingungen sich zusehends verschlechtern, wird aktuell täglich gegen den Standort Deutschland und Europa entschieden. Die Wirtschaft, insbesondere die Industrie, mahnt seit Jahren grundlegende Reformen an, aber es passiert viel zu wenig. Wir als deutsche Automobilindustrie wollen, dass Arbeitsplätze und Wohlstand hierzulande erhalten bleiben, und wollen unsere Produkte und Autos auch künftig in Deutschland fertigen. Dafür aber muss sich etwas tun. Die Bundesregierung und die EU-Kommission müssen klare Prioritäten zugunsten der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts setzen, der Industriestandort muss auf der Agenda ganz oben stehen. Versuche der EU, den Standort abzuschotten, sind für die exportorientierte Automobilindustrie und die Arbeitsplätze in Deutschland der falsche Weg.”
Für das schlechte Investitionsklima sind vor allem die Absatzlage und die Absatzerwartung verantwortlich. Das niedrige Marktvolumen auf dem deutschen und europäischen Automobilmarkt spielt für rund zwei von drei Unternehmen (64 Prozent) die entscheidende Rolle. Hintergrund sind insbesondere die gesamtwirtschaftliche Schwäche und die fehlenden Rahmenbedingungen für den Hochlauf der Elektromobilität. Die Aussichten für den deutschen und europäischen Automobilmarkt machen vor allem Erweiterungsinvestitionen nicht wirtschaftlich, das Marktwachstum findet andernorts statt.
Jedes zweite befragte Unternehmen bewertet seine aktuelle Lage als schlecht oder sehr schlecht (49 Prozent). Im Mai lag dieser Wert noch bei 42 Prozent. Nur elf Prozent der Unternehmen betrachten ihre Lage als gut oder sehr gut. Dieser Wert lag im Frühjahr mit 19 Prozent noch fast doppelt so hoch. Auch der Ausblick ist verhalten: 20 Prozent der Unternehmen erwarten eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage gegenüber dem Vorjahr. 21 Prozent nehmen an, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung verschlechtern wird. 59 Prozent gehen davon aus, dass die Situation in etwa gleichbleibt.
Die größte Herausforderung für den automobilen Mittelstand, so zeigt die Umfrage, ist die Bürokratie: 86 Prozent der Unternehmen geben an, dadurch stark oder sogar sehr stark belastet zu sein. Danach folgt der schlechte Auftragsstand: 77 Prozent – ein Höchststand in dieser Umfrage – geben an, durch ihn stark (35 Prozent) oder sogar sehr stark (41 Prozent) belastet zu sein.
65 Prozent der Unternehmen geben an, von den Zöllen der USA gegen zahlreiche Staaten und Regionen betroffen zu sein (sehr stark, stark oder mittel). Das liegt leicht unter den Erwartungswerten aus dem Mai. 67 Prozent der Unternehmen geben an, durch die US-Einfuhrzölle auf Produkte aus Europa belastet zu sein. 31 Prozent sind zudem durch US-Einfuhrzölle auf Importe aus Mexiko betroffen und neun Prozent von US-Einfuhrzöllen auf Produkte aus Kanada.
Jedes dritte Unternehmen (32 Prozent) klagt über Fach- und Arbeitskräftemangel. Der Wert ist im Vergleich zu früheren Umfragen niedrig, im Frühjahr 2023 lag er bei 85 Prozent. Auch der Anteil der Unternehmen, die in der aktuellen Umfrage angeben, Schwierigkeiten zu haben, den kurz- und mittelfristigen Fachkräftebedarf zu decken, ist mit 27 Prozent vergleichsweise gering. Andererseits geben 61 Prozent an, Beschäftigung in Deutschland abzubauen (Mai: 57 Prozent). Dies ist der bislang höchste Wert in der Reihe dieser VDA-Umfrage. Nur neun Prozent der Unternehmen bauen aktuell Beschäftigung in Deutschland auf. (aum)
Veröffentlicht am 06.10.2025

