Praxistest Eura Mobil V 635 HB: Alles im Kasten
65.000 Euro kostet der Eura-Van in seiner Grundausführung, hat eine Länge von 6,36 Metern und wird vom 2,3-Liter-Vierzylinderdiesel mit 120 PS (88 kW) angetrieben. Das Leergewicht der Basisausstattung liegt bei 3065 Kilogramm, maximal sind 3,5 Tonnen erlaubt. Die Zuladung ist nicht üppig, zumal der Grundriss des Vans gerade für Freizeitsportler große Transportkapazitäten aufweist. In seinem gewaltigen Stauraum im Heck können Wake-Board, E-Bike oder Bergsteigerequipment oder sogar ein Motorrad befördert werden. Möglich macht dies ein 192 mal 180 Zentimeter großes Hubbett, das oberhalb des Laderaums an vier Gurten hängend elektrisch herabgelassen werden kann. Manuell müssen allerdings die Polstereinlagen links und rechts an den Wänden eingepasst werden, sie füllen die Lücke zwischen Liegefläche und Wandverkleidung und geben sich bisweilen sperrig. Die Matratze ist von guter Qualität, erholsamer Schlaf ist auch dank der Belüftung über das Dach, die beiden Heckfenster und eines an der rechten Seite gewährleistet.
Der Einstieg ins Schlafgemach erfordert allerdings sportlichen Einsatz. Zwar ist die Liegefläche anständig geführt und stabil, so dass der Partner nicht wach geschaukelt wird, wenn sich der andere im Schlaf umdreht, aber weiter als etwa auf Hüfthöhe lässt sich das Bett nicht absenken. Eine Trittstufe oder Leiter gibt es nicht, eine multifunktionale Sperrholzkiste aus dem Baumarkt erwies sich als passende Aufstiegshilfe. Weniger einfach gestaltet sich die Ladungssicherung. Denn eine Klappe oder Wand zwischen dem Frachtabteil und dem Wohnraum ist nicht vorhanden, bei der ersten Bremsung rauschen Kabeltrommel oder Auffahrkeile mit Vehemenz bis zu den Vordersitzen. Immerhin gibt es eine angemessene Zahl von Zurrösen auf dem mit Riffelblech ausgelegten Gepäckraum, nur gilt es eben, alles vor Fahrtantritt mit Gurten zu sichern.
Vor dem Schlafbereich ist auf der linken Seite die Nasszelle eingebaut. Ein Waschbecken aus Mineralstoff wird samt der Rückwand zum Duschen um 90 Grad geschwenkt, so bleibt die die Kassetten-Toilette vor Spritzwasser geschützt. Auch hier sorgt ein Ausstellfenster für Belüftung, die Bewegungsfreiheit ist bei der Körperpflege gegeben.
Vorn findet sich die übliche Einrichtung mit einer Halbdinette links, rechts hingegen ist die Küche angeordnet, auch hier findet sich eine Spüle aus Mineralstoff, ihre Abdeckung dient nach dem Aufklappen als Anrichtfläche, macht den Eintritt durch die seitliche Schiebetüre allerdings arg eng. Ihr Zweiflammenkocher wird von zwei Fünf-Kilogramm-Gasflaschen gespeist. Deren Vorrat reicht gefühlt für eine halbe Ewigkeit, denn der 90 Liter große Kompressor-Kühlschrank wird mit elektrischer Energie betrieben, die Heizung und Warmwasserbereitung arbeiten mit Dieselkraftstoff. Weniger üppig ist der Stauraum in der Küche bemessen. Die Schubladen-Auszüge im Unterschrank sind nicht optimal geschnitten, Töpfe und Vorräte wollen mit Bedacht eingeladen werden, damit alles Notwendige unterkommt. Die schmalen Dachstaukästen sind hinterlüftet und beleuchtet.
Der Einrichtungsstil des Eura-Kastenwagens ist hell und freundlich, cremefarbene Klappen sorgen in Verbindung mit LED-Ambientelicht stets für eine angenehme Atmosphäre. Auch die Ausstattung kann sich sehen lassen, schon das Grundmodell bekommt eine Lithium-Batterie mit 100 Amperestunden, für noch mehr Autarkie bietet Eura ein Solarpaket mit 100 Watt für rund 1100 Euro an. USB-Schnittstellen sind in den Leseleuchten integriert, elektrisch ist der Van so auf dem neuesten Stand. Allerdings nicht, was die Solidität des Ausbaus angeht. Die Innenverkleidung der Schiebetür erzeugte nicht nur auf schlechten Straßen laute Klappergeräusche. Es habe sich beim Testfahrzeug noch um einen Prototyp aus der Vorserie gehandelt, sagt Eura Mobil.
Mit dem etwas stärkeren 140-PS-Motor, der 1020 Euro Aufpreis kostet, kommt der Van auch dank 380 Newtonmetern Drehmoment zügig und durchzugsstark voran, der Verbrauch lag im Mittel bei 9,2 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Der Dieseltank fasst 90 Liter. Das Automatikgetriebe von ZF ist zwar mit einem Aufpreis von stolzen 3890 Euro unverhältnismäßig teuer, macht die Reise aber ruhig und komfortabel. Und es senkt den Verbrauch im Vergleich zum manuellen Sechsgangschalter um etwa einen halben Liter Treibstoff je 100 Kilometer. Amortisieren wird sich die Anschaffung trotz der aktuell hohen Dieselpreise wohl kaum, aber ein wenig Luxus und Komfort sollte man sich doch gönnen.
Der Premiumanspruch war am Ende unserer Probefahrten nicht durchgängig zu erkennen. Zwar sind Material und Design von hoher Qualität, bei manchem Detail jedoch verblasst er. Dennoch bietet Eura mit dem Van V 635 HB ein attraktives Freizeitmobil, dessen Variabilität nicht nur während des großen Sommerurlaubs, sondern auch bei jedwedem Kurztrip übers Jahr höchst willkommen ist. Nicht zuletzt deshalb, weil die teuren E-Bikes über Nacht ohne Komforteinschränkungen an Bord bleiben können, denn die Liegefläche kann auf unterschiedliche Höhen abgesenkt werden, dann reicht die Sperrholzkiste für den Aufstieg ins Bett allerdings nicht mehr. Dennoch gilt: was der Immobilie die Lage, ist der Mobilie die Variabilität. Sie ist durch nichts zu ersetzen. Der Eura Van kann viele dieser Vario-Gene aufweisen. (Michael Kirchberger, cen)
Technische Daten Eura Mobil Van 635 HB
Länge x Breite x Höhe (m): 6,36 x 2,05 x 2,82
Radstand (m): 4,3
Motor: 4-Zyl.-Diesel, 2287 ccm, Turbolader
Leistung: 103 kW / 140 PS bei 3600 U/min
Max. Drehmoment: 380 Nm bei 1500 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 154 km/h
Testverbrauch: 9,2 Liter
Leergewicht: 3065 kg
Zuladung: 435 kg
Max. Anhängelast: 2000 kg
Stehhöhe: 1,95 Meter
Schlaf-/Sitzplätze: 2/4
Frisch-/Abwasser: 95/95 Liter
Wendekreis (m): 13,8 m
Basispreis: 64.980 Euro
Testwagenpreis: 70.990 Euro
Veröffentlicht am 11.08.2022
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