2023-04-25 12:46:00 Automobile

Mahle will mit Elektroantrieb und Verbrenner zurück auf die Erfolgsspur

Carzoom.de
Fotos: Autoren-Union Mobilität/Mahle

Der Autozulieferer Mahle will sich nicht auf eine Antriebsart festlegen und plant seine Zukunft mehrgleisig. Das Stuttgarter Unternehmen, einst vor allem für seine Kolben bekannt, bekommt zwar bereits die Hälfte der neuen Lieferaufträge (11 Mrd. Euro) für Produkte die nichts mehr mit dem Verbrennungsmotor zu tun haben. Dennoch sieht Mahle-Vorstandschef Arnd Franz auf dem Weltmarkt kein Ende des Benzin- oder Dieselmotors. „Unsere Kunden schätzen, dass wir im Rahmen unserer Strategie auch den Verbrenner weiter begleiten“, sagte Franz bei der Vorlage der Zahlen für 2022.

Im vergangenen Jahr hatte Mahle gestiegene Preise für Energie und Material sowie steigende Zinsen und Probleme in der Lieferkette zu verkraften. Deshalb hat das Unternehmen bei einem Umsatzplus von 13,7 Prozent auf 12,4 Milliarden Euro einen Nettoverlust von 332 Millionen Euro zu verbuchen. Ohne Zinsen, Steuern und Abschreibungen gab es immerhin einen operativen Gewinn von 60 Millionen. Damit ist die Gewinnmarge (Ebit) von 1,5 auf 0,5 Prozent gefallen. Mitte des Jahrzehnts, verspricht Franz, will das Unternehmen an seine alte Stärke anknüpfen und eine Ebit-Marge von 7 Prozent erreichen.

Derzeit wächst Mahle vor allem im Bereich Thermo-Management. Da Heizung und Kühlung bei Elektroautos nochmals komplexer sind als bei Verbrennern, sieht das Unternehmen hier die größten Chancen. 2022 wuchs dieser Bereich um 16 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro. Aber auch der Verkauf von Komponenten für Verbrennungsmotoren ist weiter gewachsen – um 10 Prozent auf 2,6 Mrd. Euro. Der Umsatz mit Elektronik und Mechatronik stieg um gut 13 Prozent auf 1,4 Mrd. Euro. Hier konnte Mahle mit einem neuartigen Elektromotor namens SCT punkten. Franz: „Der Superior Continuous Torque E-Motor beseitigt ein Dilemma von E-Motoren: Die hohe Diskrepanz zwischen Spitzenleistung und Dauerleistung.“ Der SCT-E-Motor könne beides: „Power auf Dauer, für hohe Lasten und Bergauffahrten sowie dynamisches Fahren.“ Das Aggregat wurde ursprünglich für Rennwagen der Formel-E entwickelt, kommt nun aber auch in Lkw zum Einsatz.

Trotz solcher Erfolge bei den E-Antrieben, zu denen bei Mahle auch Komponenten für die Wasserstoff-Brennstoffzelle gehören, will Arnd Franz den Verbrennungsmotor so schnell nicht aufgeben. „Die Zukunft der Mobilität ist elektrisch, keine Frage“, sagt der Vorstandschef, der Mahle seit November vergangenen Jahres führt. „Aber auch saubere und effiziente Verbrennungsmotoren sowie Brennstoffzellenfahrzeuge werden zum Antriebsmix von morgen gehören.“

Nach den Marktprognosen von Mahle könnte beim Pkw der Produktionsanteil batterieelektrischer und hybrider Antriebe weltweit von heute 13 auf 70 Prozent im Jahr 2035 steigen. Aber auch dann werden noch 50 Prozent aller weltweit hergestellten Pkw mit einem Verbrennungsmotor an Bord ausgeliefert werden, rechnet das Unternehmen vor. 20 Prozent davon sind Hybride, 30 Prozent nur mit einem Verbrenner ausgerüstet.

Damit auch die klassische Antriebstechnik ihren Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten kann, arbeiten die Entwickler bei Mahle am „grünen Verbrenner“. Franz: „Wir glauben, dass man auch für die Verbrennerfahrzeuge alle Mittel nutzen muss, diese schnellstmöglich zu dekarbonisieren – mit klimaneutralen Kraftstoffen.“ Dazu gehört für Mahle neben den E-Fuels auch der Wasserstoff. In Verbrennungsmotoren von LKW, Land- und Baumaschinen sieht Mahle mögliche Einsatzorte.

Denn die Ladeinfrastruktur ist nicht in allen Weltregionen so gut ausgebaut wie in Nord- und Mitteleuropa. Damit das Laden noch einfacher wird, hat Mahle mit "chargeBIG" eine Ladelösung im Angebot, die sich vor allem für Parkhäuser und Fahrzeugflotten eignet. Franz: „Nämlich dort, wo Fahrzeuge über einen längeren Zeitraum parken. Ob zu Hause im Mehrfamilienhaus, am Arbeitsplatz, am Bahnhof oder am Flughafen.“ chargeBIG lädt Elektroautos „so schnell wie nötig, nicht so schnell wie möglich“. Damit braucht nicht mehr jeder Parkplatz eine eigene, teure Wallbox oder Ladesäule. Franz: „Das schont den Geldbeutel und auch die Batterie des Fahrzeugs.“

Die E-Mobilität ist neben dem Verbrenner und dem Thermo-Management eine der drei Säulen der Mahle-Strategie mit Namen „Efficiency in Motion“. Der Versuch vieler Autohersteller, mehr Komponenten von Elektroautos selbst zu produzieren, um Beschäftigung zu sichern, kann Arnd Franz nicht beunruhigen. Immerhin hat das Unternehmen im vergangenen Jahr 384 Patente und 462 Erfindungen angemeldet.

Wie sich diese Strategie auf die Beschäftigung auswirken wird, ist noch unklar: Während die Zahl der Beschäftigten in Europa um vier Prozent zurückging, ist sie in Asien (plus 2,3 Prozent) und Nordamerika (plus 12 Prozent) gewachsen. Mahle-Finanzchef Markus Kapaun erklärt das so: „Die regionale Verteilung unserer rund 72.000 Beschäftigten folgt der des Umsatzes, da wir „local for local“ produzieren, also dort, wo unsere Kunden die Teile benötigen.“ Wo die Nachfrage steigt, wie in Nordamerika, China oder Indien, steigt auch der Zahl der Mitarbeiter. (cen/Guido Reinking)

Veröffentlicht am 25.04.2023

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