2023-04-15 09:31:00 Automobile

Umweltlobby T&E beklagt: „Die große e-Fuel Lüge“

Carzoom.de
Fotos: Autoren-Union Mobilität/FabuCar

Der Verbrenner ist tot. Es lebe der Verbrenner. Für eine Lobby-Organisation wie „Transport & Environment“ (T&E) ist das kaum zu ertragen. Hunderte Mitarbeiter in Brüssel und den großen europäischen Hauptstädten kämpften nun seit drei Jahrzehnten mit dem Geld der Steuerzahler und von großen US-Finanzfirmen für das Elektroauto in Europa. Und die Alternativen leben trotzdem noch. Auf ihrer Seite bestimmt jetzt zorniger Trotz das Verhalten. Andere Betroffene betrachten eher, welche Ergebnisse die erzwungene Toleranz für Technologie und Klima auslöst.

Der Blick in die aktuellen Unterlagen von T&E zeigt nicht nur das Maß von Enttäuschung und Empörung. Dabei werden auch noch einmal die Missverständnisse deutlich, die eine sachliche Diskussion immer wieder scheitern lassen. Die e-Fuel-Lobby wolle die Massenelektrifizierung zum Scheitern bringen, heißt es in einem Pressestatement, für das William Todts, Executive Director bei T&E, verantwortlich zeichnet. Nie werden e-Fuels zu einer echten Konkurrenz fürs Elektroauto werden. Die alte Ölindustrie sei nicht interessiert an einem echten Wettbewerb der Systeme, denn das Elektroauto sei der Tod der Ölindustrie, meint der T&E-Manager.

„Auto-Öl-Komplex“ und "e-fuel-Gang"

Vom „Auto-Öl-Komplex“ ist bei Todt die Rede und von der „e-fuel-Gang“. Gemeint sind besonders die „eFuel Alliance“, ein Zusammenschluss von Firmen und Verbänden, die ein Interesse an einer Zukunft der strombasierten alternativen synthetischen Kraftstoffe haben und UNITI, einem Verbund mittelständischer Unternehmen mit ähnlicher Interessenlage. Sie werden ebenfalls „Big Oil“ zugerechnet. Erstaunlich neutral sind die Aussagen von William Todt zur Automobilindustrie. Als deren letzte böse Tat wird die Dieselaffäre genannt. Seit sich die meisten Marken zur Elektromobilität bekannt haben, herrscht eine erstaunliche Zurückhaltung.

Auch William Todt steckt in der bekannten gedanklichen Falle, dass vom Jahr 2035 an – dem Jahr, in dem das Verbrennerverbot wirksam werden soll – statt der herkömmlichen Verbrennerautos auch sogenannte e-fuel only-Autos gebaut werden können. Todt vermutet, von diesem Zeitpunkt an würden „nur eine Handvoll Modelle mit 100 Prozent e-Fuel“ fahren und freut sich: „Wen kümmert es schon, wenn ab 2035 der Porsche 911 als e-Fuel-Auto gekauft werden kann“.

Bewusste Fehlinterpretationen

Das zwar offizielle, aber dennoch ganz und gar emotionale Statement von William Todt trägt die Schlagzeile: „Die große e-Fuel-Lüge“. Kritiker hätten Todt geraten, mit dem Begriff Lüge vorsichtiger umzugehen. In den Kampagnen von T&E gibt es immer wieder mal falsche Vergleiche, verdrehte Aussagen, falscher Argumente und bewusste Fehlinterpretationen.

Ein Beispiel: In einer Studie kommt T&E zu dem Schluss, es lohne sich nicht, auf e-Fuels zu setzen. Ein Kleinwagen, der 2030 grüne e-Fuels tankt, die also nur mit Strom aus regenerativen Quellen hergestellt wurden, kommt auf einen CO₂-Ausstoß von durchschnittlich 35 Gramm CO2 pro km. Beim aktuellen Kraftwerksmix zur Stromerzeugung für die e-Fuel-Herstellung kämen bis 2030 für den synthetischen Sprit allerdings höhere Werte zustande, nämlich rund 200 g CO2/km. Diesel und Benzin kommen im Vergleich auf 201 g CO2/km beziehungsweise 211 g CO2/km.

Die künstlichen Kraftstoffe würden bis 2030 also nur minimal besser als ihre fossilen Vorbilder abschneiden, sagt T&E und irrt gewaltig zu Lasten der Umwelt. Denn jedes Gramm Kohlendioxid aus den fossilen Kraftstoffen Benzin und Diesel schadet dem Klima zusätzlich, während beim e-Fuel nur das CO2 emittiert wird, was zuvor aus der Luft für den Kraftstoff entnommen wurde – klimaschädlich gegen klimaneutral.

Wir brauchen alle Technologien

T&E wird – wie hoffentlich auch alle anderen Umweltlobbyisten – eines Tages akzeptieren, dass es sich bei den Emissionen des Verkehrs nicht um ein Entweder-oder-, sondern um ein Sowohl-als-auch-Thema handelt. „Wir brauchen alle klimafreundlichen Technologien“, stellt auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) seit vielen Monaten bei jeder Gelegenheit immer wieder fest – nicht zu laut, um nicht Fragen nach den Hersteller auszulösen, die sich dem Elektroauto verpflichtet sehen. Der Verband stellt auch deswegen klar, die E-Mobilität bleibe die zentrale Technologie, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen. Die e-Fuels sieht er als wichtige Erweiterung der Optionen. Technologieoffenheit sei entscheidend, um Klimaneutralität nicht nur in Europa, sondern weltweit – auch mit Blick auf den Bestand – zu ermöglichen.

Der VDA will deswegen nicht an den europäischen Grenzen Halt machen. Nur mit globalen Lösungen komme der Klimaschutz voran. Ein Sprecher des Verbands sieht es als „unsere wichtigste Aufgabe, genau die Technologien zu entwickeln und zu exportieren, die den Regionen auf dieser Welt klimaneutrales Wachstum ermöglichen“. Unterschiedliche Regionen brauchen unterschiedliche Lösungen, plädiert er für einen globalen Ansatz und betont ausdrücklich: „Synthetische Kraftstoffe sind zwingend notwendig – vor allem für die Bestandsflotte. Mit Blick auf die 1,5 Milliarden Fahrzeuge weltweit sind e-Fuels daher ein zentraler Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität.“

Stabile Energiepartnerschaften

Der VDA sieht es als fahrlässig an, sich heute darauf festzulegen, dass e-Fuels auch in Zukunft dauerhaft nicht wirtschaftlich hergestellt werden können. Um die Produktion von e-Fuels zu wettbewerbsfähigen Preisen zu ermöglichen, hält der Verband eine Vielzahl an strategischen und langfristigen Entscheidungen für zwingend notwendig. E-Fuels sollten in den vielen dafür bestens geeigneten Ländern produziert werden. Deswegen benötigen Berlin und Brüssel maximal viele und stabile Energiepartnerschaften mit Produktionsländern, fordert der Verband der Automobilhersteller.

Den Umweltlobbys wie „Transport & Environment“, der hannoversche Verein „Deutsche Umwelthilfe“ und die vielen anderen Gruppen von Aktivisten stellt die Brüsseler Entscheidung nun vor die Wahl: Zürnen und kleben oder verstehen und anpacken.

Themen, für die es im Sinne des Klimaschutzes sinnvoll wäre, zu kämpfen, gibt es viele. Beim Verkehr sind zwei Schwerpunkte unübersehbar: Der möglichst rasche Hochlauf der E-Mobilität im Verbund mit einer nachhaltigen Stromerzeugung zur Verbesserung der Verkehrs-Emissionen der Zukunft und der Hochlauf klimaneutraler Kraftstoffe zur Verbesserung der Emissionen heute. (cen/Peter Schwerdtmann)

Veröffentlicht am 15.04.2023

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